»Ein Ziel unserer KI-Forschung ist es, unsere Ergebnisse auch kleinen und mittelständischen Unternehmen zugänglich zu machen.«

Interview mit Prof. Dr. Peter Schneider, Leiter des Institutsteils Entwicklung Adaptiver Systeme EAS zu aktuellen Forschungsansätzen rund um das Thema Künstliche Intelligenz.

Dr. Peter Schneider
Dr. Peter Schneider, Leiter des Fraunhofer IIS/EAS

Der Institutsteil EAS hat sich in den vergangenen Monaten intensiv im Rahmen des Projektes KIKiS mit den Themen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz in Sachsen beschäftigt. Können Sie kurz die wichtigsten Ergebnisse zusammenfassen und was ist Ihr ganz persönliches Fazit?

Wir haben in diesem Projekt gemeinsam mit der TU Dresden den Status quo und die Perspektiven für KI-Angebote im Freistaat untersucht. Unsere zentralen Fragen waren, wie Anbieter ganz konkret Bedarfe, Potentiale, Herausforderungen und notwendige Rahmenbedingungen einschätzen, um erfolgreiche KI-Lösungen zu entwickeln. Dafür haben wir sehr spannende Interviews mit Experten aus Forschung und Wirtschaft geführt, die sich mit verschiedenen Fragestellungen vom maschinellen Lernen bis hin zu künstlichen neuronalen Netzen beschäftigen.

Viele der Befragten finden, dass Sachsen eine gute Ausgangsbasis bietet, um hier KI-Kompetenzen aufzubauen und zu entwickeln. Aber sie sehen auch Nachholbedarf, vor allem beim Wissens- und Technologietransfer, in der Bildung und Lehre, bei der Bereitstellung von analysierbaren Datenbeständen sowie der Qualifizierung und Weiterbildung von Mitarbeitern. Für mich bedeutet das, dass alle Beteiligten zukünftig den Austausch und Transfer von Wissen zwischen Forschung, Lehre und Wirtschaft noch effizienter und vor allem wechselseitig gestalten müssen. Nur so können wir uns in Sachsen auf verschiedenen Ebenen auch jenseits von Einzelerfolgen signifikante Wettbewerbsvorteile mit KI-Angeboten erarbeiten. Hier wollen wir uns als Forschungseinrichtung gern noch stärker einbringen.


Welches Know-how kann das Fraunhofer IIS/EAS denn in Kooperationen mit Unternehmen und anderen Forschungseinrichtungen einbringen?

Wir arbeiten einerseits beispielsweise an Entwicklungsmethoden für KI-basierte Systeme. Dabei bewegt uns die Frage, wie man optimiert für den konkreten Anwendungsfall das System so entwickeln kann, dass es alle Anforderungen an Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Preis bestmöglich erfüllt.

Darüber hinaus nutzen wir auch verschiedene KI-Methoden zur Datenanalyse oder Modellbildung, um zum Beispiel die Überwachung von Produktionsanlagen im Sinne einer vorausschauenden Wartung zu gewährleisten. Wir gehen hier aber über eine reine Datenanalyse hinaus und verarbeiten sensorisch erfasste Daten zusammen mit physikalischen Modellen und Expertenwissen. So stellen wir sicher, dass unsere Lösung auch unter Praxisbedingungen zuverlässige Ergebnisse liefert. Die große Herausforderung ist es dabei, die Daten live im Prozess zu verarbeiten, um in Echtzeit einen drohenden Ausfall einer Anlage zu prognostizieren. Das bedeutet zum Beispiel auch, dass wir eine schnelle Datenverarbeitung, optimierte Algorithmen und leistungsfähige Hardwarekomponenten benötigen.  

 

Was ist denn ein aktuell besonders herausragendes KI-Projekt in Ihrem Haus?

Eines der Hauptziele unserer Forschungsarbeiten ist es, unsere Lösungen auch für kleine und mittelständische Unternehmen zugänglich zu machen -  das gilt natürlich auch für KI-Methoden. Viele Firmen stehen beim Thema KI wie vor einer Wand: sie können Potentiale und Risiken, Aufwände und wirtschaftlichen Nutzen oft nicht abschätzen. Deshalb wollen wir eine Brücke schlagen zwischen KI-Standardanwendungen und dem Einsatz von entsprechenden Algorithmen in produzierenden KMU. Dabei planen wir, neueste Entwicklungen in den Bereichen Machine Learning, Deep Learning und Explainable AI mit einzubeziehen und für Anwendungen in den Unternehmen nutzbar zu machen. Helfen soll dabei ein modularer Werkzeugkasten mit Hilfsmitteln zur Datenaufnahme, Visualisierung und Entscheidungsfindung mithilfe von KI. Zusätzlich soll es Testlabore geben, in denen diese technologischen Bausteine eingesetzt werden können, damit Firmen mit möglichst wenigen Hürden in das Thema KI einsteigen können. Aktuell sind wir bei diesem Projekt in der Vorbereitungsphase.

 

Und abschließend noch die Frage: Wo soll denn die Reise für das IIS/EAS bei Entwicklungen mit KI-Hintergrund hingehen?

Die hohen Anforderungen an Rechenleistung und Datenspeicherung sind aktuell im Fokus diverser Forschungsarbeiten. Große Datenmengen und komplexe Algorithmen bringen klassische Rechnerarchitekturen an ihre Grenzen. Daher wird vielerorts am Computing der Zukunft gearbeitet. Wir wollen hierfür zum Beispiel bei den Themen Quantenkommunikation oder auch neuromorphe Architekturen aktiv werden. Für diese neuartigen Konzepte der Informationsverarbeitung und -weitergabe sind unter anderem Halbleitertechnologien und Elektronikarchitekturen weiterzuentwickeln. Damit sind aber auch völlig neue Ansätze beim Systementwurf und bei der Entwicklung von spezifischen hochperformanten Algorithmen erforderlich.